Einführung: Das Hadaikum, Zusammenfassung
Im letzten Beitrag befassten wir uns mit der Geburt der Erde und des Mondes. Diese fällt in die Zeit des Hadaikums, welcher die erste halbe Milliarde Jahre der Erdgeschichte ausmachte. Im Hadaikum entstanden auch der Erdkern und Erdmantel, sowie die Erdkruste und die Ozeane. In dieser Zeitepoche wurde die Erde auch ständig von Meteoriten bombardiert, da die Trümmer des frühen Sonnensystems ständig von der Schwerkraft der Erde angezogen wurden. Das Bombardement könnte sogar den Prozess der Bildung der kontinentalen Kruste beschleunigt haben. Geochemische Daten deuten darauf hin, dass die Kruste des Erdzeitalters extrem dünn und einfach war, ohne die geologische Komplexität, die wir in der modernen ozeanischen oder kontinentalen Kruste finden. Verschiedene Belege deuten darauf hin, dass sie nur etwa 20 km dick war, verglichen mit der etwa 30 bis 50 km dicken modernen kontinentalen Kruste (Abb. 1).
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Abb. 1: Die Erdkruste im Lauf der Erdgeschichte
Aus dem Hadaikum ist kaum Krustengestein erhalten. Zu den ältesten gehören die etwa 4,32 Mrd. Jahre alten Nuvvuagittuq-Grünsteine an der Ostküste der Hudson Bay oder die 4,03 Mrd. Jahre alten Acasta-Gneise in der Nähe des Great Slave Lakes in Kanada.
Geologen sind ständig auf der Suche nach noch älteren Gesteinen und datieren immer mehr Proben. Tatsächlich fand man 2018 Gesteine aus dem Erdmantel, die von Vulkanen aufgewirbelt wurden, die aus der Zeit der Entstehung der Erde vor 4,5 Mrd. stammen.
In diesem Beitrag wollen wir unser Augenmerk darauf richten, wie sich die Erdkruste weiter veränderte und wie es zur Bildung der ersten Kontinente und der Plattentektonik kam. Außerdem wollen wir uns mit dem Erdmagnetfeld der Erde etwas genauer befassen.
Erdmagnetfeld
Die Auftrennung der Erdschichten in einen Eisen-Nickel-Kern und einen silikatreichen Mantel führt zur Bildung des Erdmagnetfeldes (Abb.2). Das Magnetfeld der Erde können wir nicht spüren und so ist es nicht verwunderlich, dass lange Zeit niemand etwas von dessen Existenz ahnte. Erst um 1600 kamen Gelehrte zu dem Schluss, dass sich die Erde wie ein riesiger Magnet verhält, dessen zwei Pole in der Nähe der geographischen Pole liegen. Sie konnten aufzeigen, dass Kompassnadeln nach Norden weisen, weil sie sich entlang eines zwischen den Polen ausgedehnten Magnetfeldes ausrichten. Doch woher dieses Feld seine Energie bezieht, wie es erzeugt wird und weshalb es zuweilen dramatisch schwankt, blieb lange Zeit rätselhaft.
Abb. 2: Erdmagnetfeld
Heute weiß man: der irdische Magnetismus hat seine Ursache in gewaltigen Strömen flüssigen Metalls in bestimmten Zonen des Erdinneren (Abb. 3). Im Innern unseres jungen Planeten, wie wir bereits kennengelernt haben, hatten sich schwere Elemente wie Eisen und Nickel angesammelt, aus denen sich später ein fester Kern bildete. Dieser innere Kern ist bis heute von einer Schicht aus flüssiger Metallschmelze umgeben, dem äußeren Kern. Wie die Meere an der Oberfläche der Erde befinden sich die flüssigen Metalle in der Tiefe permanent in Bewegung. Denn der innere Kern ist zwar aufgrund des hohen Drucks fest, aber 5.000 °C heiß. Das flüssige Eisen des äußeren Kerns wird daher ständig umgewälzt. Dabei steigt die Schmelze von der festen Kernoberfläche Richtung Erdmantel auf, windet sich – unter dem Einfluss der Erdrotation – schraubenförmig und sinkt abgekühlt wieder in die Tiefe Richtung innerer Kern. Diese Konvektionsströme funktionieren wie eine Art Dynamo – also eine Maschine, die mechanische Energie in elektrische umwandelt. Es fließt also quasi elektrischer Strom und es bildet sich ein Magnetfeld. Forscher nennen dies den Geodynamo der Erde. Die gigantische Größe dieses Geodynamos sorgt dafür, dass sein Magnetfeld auch noch weit entfernt von der Erde Wirkung zeigt – und unter anderem den Partikelstrom der Sonne sowie andere kosmische Teilchen effektiv abhält. Nur an den Polen dringen mitunter Partikel, die sich dafür entlang der Feldlinien bewegen müssen, tief in die Atmosphäre ein und kollidieren dort mit den Gasteilchen der Luft. Dabei leuchten Sauerstoffatome meist grünlich, Stickstoffatome blau oder rot – wir haben die berühmten Polarlichter.
Abb. 3: Ursache des Erdmagnetfeldes
Könnte das Magnetfeld der Erde den Sonnenwind nicht ablenken, sähe die Erde wohlmöglich so aus wie der Mars: trocken, kalt und leblos. Spuren auf der Marsoberfläche zeugen davon, dass es einst dort Meere gab, sowie eine dichte Atmosphäre, geschützt von einem Magnetfeld, das zumindest eine Zeit lang bestand, wie Überreste von magnetisiertem Gestein belegen. Doch irgendwann verschwand das Magnetfeld des Mars und die solaren Partikel trugen nach und nach den Großteil der Mars-Atmosphäre davon und das meiste Wasser entwich. Fest steht: ohne Magnetfeld kein komplexes Leben (zumindest so, wie wir es kennen). Allerdings ist auch unser Magnetfeld eine unstete Kraft. Da die Erdrotation die turbulenten Ströme flüssigen Metalls nur grob in eine Richtung drängt, verändert sich das Magnetfeld jederzeit. So veränderte sich der magnetische Pol der Nordhalbkugel jüngst so schnell, dass er sich im Mittel um fast einen km pro Woche von Kanada Richtung Sibirien verschob. Der arktische Magnetpol hat sich seit Beginn des 20. Jahrhunderts um mehr als 15 Breitengrade nach Norden verschoben (Abb. 4). Zum Vergleich: würde die nordafrikanische Stadt Tunis ihren Standort in einem gleichen Maße verändern, würde sie neben Hannover liegen.
Abb. 4: Verschiebung des magnetischen Nordpols
Aus Spuren im Gestein wissen Forscher, dass das Magnetfeld in früheren Zeiten immer wieder seine Pole vollständig getauscht hat. In den letzten Jahrmillionen kam es durchschnittlich alle 250.000 Jahre zu einer solchen Feldumkehr, wobei einzelne Intervalle unterschiedlich ausfielen. Die letzte Polumkehr fand vor 780.000 Jahren statt. Solche Umpolungen des Erdmagnetfeldes sorgen zu Beginn für ein gewisses Chaos – z. B. würde die Feldstärke abnehmen, sodass mehr hochenergetische Teilchen der Sonnenwinde die Erde erreichen und viele Tiere, die sich am Magnetfeld der Erde orientieren, wie Zugvögel, würden Orientierungsprobleme haben. Doch das Leben an sich würde solch eine Umpolung überstehen – und hat es bekanntlich in der Erdgeschichte. Irgendwann würde sich das Magnetfeld wieder stabilisieren und das Leben daran anpassen. Aber in der Zukunft wird, mit dem Abkühlen des Erdinneren, die Stärke des Magnetfeldes grundsätzlich abnehmen und zum Stillstand kommen – in einigen Milliarden Jahren. Hier haben wir also noch etwas Zeit.
Die Konvektionsströme führten aber nicht nur zur Bildung des Erdmagnetfeldes, sondern auch für die Bewegung der Erdkruste und der Kontinente.
Archaikum – Bildung der ersten Kontinente
Das Archaikum umfasst 1,5 Mia. Jahre, also etwa ein Drittel der Erdgeschichte, und wird in Eo-, Paläo-, Meso- und Neoarchaikum unterteilt (Abb. 5). Die Untergliederung ist etwas willkürlich und überregional bis global schwer korrelierbar, weil sie nur auf einer begrenzten Zahl radiometrischer Datierungen basiert, und eine stratigraphische Korrelation der alten Kontinentkerne nur eingeschränkt möglich ist.
Abb. 5: Präkambrium
Archaische Gesteine sind zwar weit verbreitet, meist jedoch stark metamorph überprägt. Es gibt aber darunter auch viele Metasedimente. Etliche davon lassen noch primäre sedimentäre Merkmale erkennen. Teilweise sind auch Stromatolithen und winzige Organismenreste enthalten, die wahrscheinlich von Bakterien stammen. Die Sedimente belegen, dass bereits ausreichend kontinentale Kruste gebildet war beziehungsweise sich in diesem erdgeschichtlichen Abschnitt bildete.
Welche Art von Gestein finden wir aus dieser Zeit? Die meisten von ihnen unterscheiden sich stark von den Gesteinen, die heute auf der Erde vorkommen. Einige haben überhaupt keine modernen Entsprechungen. Sie zeigen uns, dass die archaische Kruste noch sehr heiß und sehr aktiv war, mit dünnen, schmalen Mikrokontinenten, die sich bildeten, aufbrachen und miteinander kollidierten und zwar auf einer Erde mit einem viel heißeren, aktiveren Erdmantel als heute. Diese alten Gesteine werden in vier Klassen eingeteilt, die zufällig alle mit dem Buchstaben “G” beginnen: Gneise, Grünsteine, Grauwacke und Granite.
Gneise (Abb. 6) sind stark metamorphosierte Gesteine, die in der Regel tief in der Kruste unter hohem Druck und hohen Temperaturen entstanden sind. In vielen Fällen sind sie so stark umgewandelt, dass von der Struktur des Ausgangsgesteins nichts mehr übrig ist. Sie sind in der Regel reich an helleren Silikatmineralen wie Quarz, Kalifeldspat und Plagioklas, sowie an dunkleren Mineralen wie Biotit und Hornblende. Ihre charakteristischste Eigenschaft ist, dass sie eine Bänderstruktur aufweisen, die die hellen und dunklen Minerale aufgrund ihrer starken Erhitzung voneinander trennen. Sie sind in der Regel die ältesten Gesteine eines Krustenblocks, einem sog. Terran. Ihre Zusammensetzung ähnelt sehr stark der modernen kontinentalen Kruste, so dass Geologen davon ausgehen, dass es sich um metamorphisierte protokontinentale Kruste aus den frühesten Mikrokontinenten handelt.
Abb. 6: Gneise
Zwischen diesen gneisischen Protokontinenten lagen sehr dünne, aber breite Bereiche proozeanischer Kruste. Wenn sich heute ozeanische Kruste auf dem Meeresboden in einem mittelozeanischen Rücken bildet, bricht sie in Form von Lava-Kissen aus, die aus einem Riss in einem unterseeischen Lavastrom herausquellen. Natürlich weist fast die gesamte archaische proto-ozeanische Kruste ähnliche Lava-Kissen auf, was beweist, dass sie einst unter Wasser ausgebrochen ist. Aber diese alten Lava-Kissen und die Meeresbodenkruste unterscheiden sich stark von den modernen basaltischen Laven, die stündlich an den mittelozeanischen Rücken ausbrechen. Stattdessen handelt es sich um eine seltsame Form von Lava, die als Komatiit bekannt ist (Abb. 7).
Abb. 7: Vergleich archaische und moderne Krustenbildung
Sie ist extrem magnesiumreich und daher reich an dem Mineral Olivin. Moderne basaltische Lava enthält dagegen Pryoxene und Kalziumplagiokas. Tatsächlich brechen Komatiite fast nirgendwo auf der Erde mehr aus, sondern bildeten sich erst, als der archaische Meeresboden in den frühesten Ozeanen der Erde ausbrach. Komatiite deuten auf einen viel heißeren Erdmantel hin, so dass sich Magmen aus reinem Olivin bilden konnten. Ein solches Magma wäre flüssiger als die basaltischen Laven, die aus modernen Vulkanen fließen. Das Vorhandensein von so viel Komatiit deutet auch auf einen sehr viel aktiveren Erdmantel hin, der sehr schnell sehr dünne, flüssige, heiße ozeanische Kruste ausschüttete. Alle diese archaischen Komatiite, die heute gefunden werden, wurden seither durch Metamorphose umgewandelt, so dass sie aus Grünschiefermineralen wie Chlorit und Serpentin bestehen. Aus diesem Grund werden sie auch als Grünsteine bezeichnet (Abb. 8).
Abb. 8: Kissen-Laven aus der Yellowknife-Gruppe, Nordkanada, die zu Grünstein metamorphisiert wurden
Die Komatiit-Kissenlaven der frühesten Ozeane wurden schließlich von Sedimenten bedeckt, die von den Protokontinenten erodierten. Die archaischen Sedimente unterschieden sich jedoch stark von den typischen marinen Sedimenten von heute, die normalerweise aus reinem Quarzsand bestehen und normale Sandsteine bilden. Stattdessen handelt es sich um ein Gemisch aus Sand und gröberem Material, mit viel Schlamm zwischen den Körnern, das unter dem Namen Grauwacke bekannt ist (Abb. 9). Anstelle von reinem Quarzsand, bestehen die Sande in Grauwacken aus einer Mischung vieler verschiedener Komponenten, darunter instabile Minerale wie Feldspäte. Dies deutet darauf hin, dass Grauwacken frisch aus den Protokontinenten erodiert und direkt in die Ozeanbecken geschüttet wurden, ohne dass es zu einer Verwitterung kam. Noch interessanter ist, dass die Grauwacken fast alle mit tiefen marinen Schiefern überlagert sind und dicke Abfolgen von Turbiditen bilden, die sich immer wieder wiederholen und oft über große Entfernungen reichen. Dies zeigt, dass sie vom Kontinent abgeschüttet wurden, ohne dass es zu einer Verwitterung oder einer Trennung der Tone von den Sanden kam (wie es heute normalerweise der Fall ist), und dann in riesigen unterseeischen Schwerkraftströmen, den so genannten “Trübeströmen”, abgelagert wurden (Abb. 10).
Abb. 9: Grauwacke
Abb. 10: Trübeströme
Die echten Granite (Abb. 11) sind oft tiefrosa oder sogar rot gefärbt, was auf den hohen Anteil an Kalifeldspat zurückzuführen ist. Diese Granite treten in der Regel als Einbrüche in ältere Gneise, Grauwacken und Grüngesteine auf, was darauf hindeutet, dass sie sich als letzte der “vier Gs” gebildet haben. Sie entstanden durch das Umschmelzen von Gesteinen vom Boden der gneisischen protokontinentalen Kruste.
Abb. 11: Rosa Granit in Hiltaba, Südaustralien
Noch charakteristischer für das Archaikum als die besondere Zusammensetzung der Gesteine ist die Art und Weise, wie sie gebildet und verteilt wurden. In den meisten archaischen Kernen der heutigen Kontinente waren zwischen den gneisischen Protokontinenten große Massen von Grundgestein eingeschlossen, die als Grünsteingürtel bekannt sind (Abb. 12).
Abb. 12: Aufbau der Grünsteingürtel. Als die gneisischen Protokontinente miteinander kollidierten, rissen sie Stücke der proto-ozeanischen Kruste ein und zerknitterten sie zwischen den Blöcken. Diese Grünsteingürtel (oft bedeckt von marinen Sedimenten wie Grauwacken und Schiefer) finden sich so um und zwischen gneisischen protokontinentalen Kernen. Das letzte Stadium trat ein, als die Blöcke zusammengefügt wurden und die unteren Teile dieses Krustenmaterials teilweise schmolzen und granitische Intrusionen formten.
Die alte proto-ozeanische Kruste aus Grünstein und die Grauwackesande und -schlämme, die das Ozeanbecken füllten, sind typischerweise zerknittert und gefaltet und verformt, vermutlich als die Protokontinente kollidierten und die proto-ozeanische Kruste zwischen sich zerdrückten. In der Kartenansicht bilden die Grünsteine also lange, schmale Gesteinsgürtel (Abb. 13), von denen jeder einmal ein Proto-Ozean war, der seitdem von den Protokontinenten auf beiden Seiten zu einem schmalen Block zusammengedrückt worden ist. Vermutlich bildete die Kollision mehrerer Protokontinente und des Protoozeans eine dickere Krustenmasse, die an ihrer Basis zu schmelzen begann und Magmen hervorbrachte, die reich an Silizium, Kalium, Natrium und Aluminium waren und in die darüber liegenden Gesteine eindrangen, um die typischen archaischen Granite zu bilden.
Abb. 13: Beispiele für Grünsteingürtel in Nordamerika und Australien
Die Protokontinente (Abb. 1B) waren relativ dünn, viel kleiner und viel heißer als die heutigen echten Kontinente. Die Gesteine an der Oberfläche stammten direkt aus dem Erdmantel (Komatiite), und die Gesteine weiter unten in der Kruste standen unter so hohem Druck und hohen Temperaturen, dass sie eine Metamorphose erfuhren.
Diese Protoplatten unterlagen keiner Plattentektonik im modernen Sinne, obwohl sie sich aufgrund von Strömungen im Erdmantel bewegten. Es mag einige kleinräumige Versionen von Subduktionszonen gegeben haben, aber die geochemischen Beweise deuten darauf hin, dass es sich nicht um echte Subduktionszonen in der Größenordnung derer handelt, die durch die moderne Plattentektonik entstanden sind.
Die proto-ozeanische Kruste war viel dünner und heißer und wurde aus Magmen gebildet, die direkt aus dem oberen Erdmantel ausbrachen, was darauf hindeutet, dass sich die Proto-Platten viel schneller bewegten und viel schneller zerstört wurden als die Platten heute. Die ozeanischen Sedimente wurden als kantige Sande, die aus allen möglichen instabilen Mineralien und Gesteinsfragmenten und viel Schlamm bestanden, frisch von den Kontinenten erodiert und in die proto-ozeanischen Becken geschüttet, ohne dass sie aussortiert oder zu jüngeren Sandsteinen recycelt wurden. Darüber hinaus gab es keine Kalksteine und fast keine Evaporite wie Gips oder Halit, was auf Bedingungen hindeutet, die unseren modernen Sedimentumgebungen sehr unähnlich sind.
Das Proterozoikum und die Entstehung der Plattentektonik
Das Proterozoikum ist das dritte Äon der Erdgeschichte und bedeutet übersetzt „Frühzeit der Lebewesen“. Genau genommen ist dieser Begriff nicht mehr richtig, weil es bereits im Archaikum Leben gab, mit dessen Entstehung wir uns in einem anderen Beitrag befassen werden.
Das Proterozoikum selbst dauerte etwa 2 Milliarden Jahre, also fast die Hälfte der gesamten Erdgeschichte. Dennoch können wir nicht die gesamte 2-Milliarden-Jahre-Geschichte jedes Kontinents während des Proterozoikums im Detail beschreiben oder jedes komplexe Ereignis aufzeichnen, das sich in dieser immensen Zeitspanne ereignet hat. Stattdessen werden wir versuchen, einige der wichtigsten Trends hervorzuheben, die zwischen dem Archaikum und dem Kambrium stattfanden.
Im Archaikum stoßen wir auf ungewöhnliche Gesteine wie die erwähnten Grünsteine und Grauwacken, die sich in Proto-Ozeanen bildeten, und auf kleine gneisische kontinentale Krustenblöcke, die dünne, heiße Protokontinente bildeten. Kurz gesagt, es gab einige Ähnlichkeiten mit den modernen Platten und der Plattentektonik, aber alles war heißer und dünner und bewegte sich viel schneller in einer Welt der „Proto-Plattentektonik“ (Abb. 1). Als jedoch der Übergang zum Proterozoikum begann, stoßen wir auf Gesteine, die nur durch die Bewegung und Kollision von viel dickeren, kühleren Kontinentalblöcken und normaler basaltischer ozeanischer Kruste entstehen konnten, so dass der Übergang zur echten Plattentektonik begann. Am Ende der 2 Milliarden Jahren des Proterozoikums sehen die Aufschlüsse wie alle anderen typischen Aufschlüsse aus.
Durch intensive Mantelzirkulation war die Plattentektonik und Magmendifferenzierung sehr aktiv und führte zu einem raschen Anwachsen der kontinentalen Kruste. In die Zeitspanne vom jüngeren Archaikum bis zum älteren Proterozoikum fällt wahrscheinlich die Hauptbildungszeit für die Krustengesteine.
Durch die rasche Mantelkonvektion, bildeten sich durch Kontinentkollisionen Großkontinente, möglicherweise mit Pangaea-Phasen, die anschließend wieder zerfielen. Ein Plattentektonischer Großzyklus, von der Bildung vom Großkontinenten, über ihren Zerfall bis hin zur erneuten Bildung eines Großkontinentes wird als Wilson-Zyklus bezeichnet und dauert in der Regel etwa 500 Mio. Jahre (Abb. 14).
Abb. 14: Wilson-Zyklus
Der letzte Großkontinent, Pangäa, der alle Großkontinente umfasste und vom Späten Karbon (325 Millionen Jahre vor heute) bis in den Jura (150 Millionen Jahre vor heute) existierte, ist den meisten geläufig und wurde von Alfred Wegener als Indiz für die Bewegung der Kontinente verifiziert. Auch dazu gibt es einen Beitrag meinerseits. Doch auch im Archaikum und Proterozoikum werden Großkontinente postuliert, aber teilweise widersprüchlich diskutiert. Angesicht der langen Dauer des Archaikums (1 .5 Mia. Jahre) und des Proterozoikums (2 Mia. Jahre) scheint es logisch, von mehrfachen Großkontinentbildungen mit anschließendem Zerfall auszugehen. Diese sollen kurz vorgestellt werden.
Beispiele alter Kratone und erste Großkontinente
In den heutigen Kontinenten sind zahlreiche Kerne aus dem Eo- und Paläoarchaikum erhalten, die sog. Kratone. Sie stellen die ältesten Bereiche kontinentaler Kruste dar, und liegen meist als hochmetamorphe Gneise vor, so z. B. der Acasta-Gneis in Nordkanada und der Amitsoq-Gneis in Grönland. In diese Gneise sind teilweise Metasedimente eingeschaltet, wie z. B. der Isua-Gneis mit einem Alter von etwa 3.8 Mrd. Jahren.
Große Teile Nordamerikas sind im Archaikum entstanden und lassen sich in vier Kratone unterteilen, den Superior-Kraton, den Slave-Kraton, den Wyoming-Kraton und den Nain-Kraton (Abb. 15). Die vier Kratone wurden vermutlich durch Kontintent-Kollisionen mit dazugehöriger Gebirgsbildung, der Orogenese, im Neoarchaikum verschweißt. Dies führte zur Bildung des Großkontinentes Kenorland.
Abb. 15: Kratone Nordamerikas
Das heutige Afrika wird aus mehreren archaischen Kernen aufgebaut, die als kleine Kratone im Paläo- bis Mesoarchaikum entstanden sind und erst im Verlauf des späten Proterozoikums zu einem Kontinent Afrika innerhalb des Großkontinents Gondwana vereinigt wurden (Abb. 16).
Abb. 16: Kratone Afrikas
Auch Australien besteht aus sehr alten Kratonen (Abb. 17). Am bekanntesten sind der Yilgarn-Kraton im Südwesten und der Pilbara-Kraton im Nordwesten des Kontinents. Der Yilgarn-Kraton besteht aus einzelnen Krustenblöcken, die im Neoarchaikum zusammengewachsen sind. Aus einem dieser Krustenblöcke stammen die Zirkone von Jack Hills. Der Pilbara-Kraton ist etwa 3,5 Mia. Jahre alt und enthält die bislang ältesten nachgewiesenen Lebensreste aus der Warrawoona Group, und zwar in Form von Stromatolithen und verkieselten Bakterien (Abb. 18).
Abb. 17: Kratone Australiens
Abb. 18: Der Pilbara-Kraton ist etwa 3,5 Mia. Jahre alt und enthält die bislang ältesten nachgewiesenen Lebensreste aus der Warrawoona Group.
Weitere Gebiete mit sehr alten, archaischen Kratonen sind in Indien, China, Südamerika, Antarktis und Nordeuropa aufgeschlossen. Wie in Nordamerika, Afrika und Australien auch, wuchsen die alten Kerne erst im Verlauf der weiteren Erdgeschichte zu größeren Kontinentarealen zusammen.
Für das Archaikum wurden bislang drei Großkontinente postuliert, deren Existenz z. T. aber umstritten ist:
Vaalbara (Abb. 19) ist vermutlich der älteste, bisher rekonstruierte erdgeschichtliche Kontinent. Er soll vor etwa 3,2–2,8 Mia. Jahren existiert haben. Seine Existenz beruht auf Ähnlichkeiten von Grünsteingürteln diesen alters aus Südafrika ( Onverwacht Group des Barberton-Grünsteingürtels) und Westaustraliens (Warrawoona Group im Pilbara-Grünsteingürtel).
Abb. 19: Der Superkontinent Vaalbara wird aufgrund der Ähnlichkeiten der grünsteingürtel aus Südafrika und Australien postuliert.
Ur (Abb. 20) ist ein Großkontinent, der möglicherweise vor 3–2,7 Mia. Jahren existierte. Er bestand im Wesentlichen aus vier größeren Kratonkernen aus Südafrika (Kaapvaal-Kraton), Indien (Singhbhum-Kraton und Western Dharwar-Kraton) und Australien (Pilbara-Kraton).
Abb. 20: Der Superkontinent Ur
Kenorland bestand zwischen 2,7–2,1 Mia. Jahren und entstand möglicherweise aus den vier archaischen Kratonen Nordamerikas, die durch die Kenora-Orogenese im Neoarchaikum verschweißt wurden. Dann wurde Kenorland vermutlich mit Sibiria und Baltica verschmolzen, wodurch der Großkontinent Nena (Northern Europe, Northern America) entstand (Abb. 21).
Abb. 21: Der Großkontinent Nena
Etwa gleichzeitig mit der Bildung von Nena entstand aus Westafrika und Amazonien der Kontinent Atlantica (Abb. 22).
Abb. 22: Atlantica
Aus Nena und Atlantica und weiteren Kleinkontinenten bildete sich schließlich im jüngeren Paläoproterozoikum der Superkontinent Columbia oder Nuna (Abb. 23). Er existierte vor etwa 1,8–1,5 Mia. Jahren, bevor er wieder zerbrach. Columbia zerfiel in mehrere Teile.
Abb. 23: Columbia
Viele der beteiligten Kontinentblöcke blieben aber stabil und verschmolzen wieder in anderer Konfiguration zu einem als Rodinia bezeichneten weiteren Superkontinent, der vor etwa 1,1–0,75 Mia. Jahren stabil war (Abb. 24). Etwa vor 750 Mio. Jahren begann der anschließende Zerfall von Rodinia in mehrere kleinere Kontinente.
Abb. 24: Rodinia
Vor etwa 600 Mio. Jahren bildete sich der kurzlebige Superkontinent Pannotia (Abb. 25), der bereits nach 50 Mio. Jahren wieder in die Kontinente Gondwana, Laurentia, Baltica und Sibiria zerfiel. Alternativ wird die Verschmelzung von Ost- und Westgondwana postuliert, durch die der große Südkontinent Gondwana entstand. Er setzte sich aus den Kontinenten Südamerika, Afrika, Australien, Indien und Antarktika zusammen.
Abb. 25: Entstehung und Auseinanderbrechen des Kontinents Pannotia
Im Zeitraum Karbon–Perm verschmolz Gondwana dann mit den Nordkontinenten zu Pangäa (Abb. 26), dessen Zerfall im Jura begann.
Abb. 26: Pangäa
Die Bildung der ersten Kontinente hatte zum einen Einfluss auf die Entwicklung des Lebens, zum anderen aber auch Auswirkungen auf das Klima der jungen Erde. Mit diesen werden wir uns im nächsten Beitrag befassen.
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