Einführendes
“Men are from Mars, Women are from Venus”, so der Therapeut John Gray, bei der die Behauptung aufgestellt wird, Männer und Frauen seien zwei komplett unterschiedliche Wesen, als ob sie von unterschiedlichen Planeten stammten. Männer seien aggressiv und kriegerisch, aber auch beschützend wie der römische Kriegsgott Mars. Frauen hingegen seien emotional, schön, eitel und fruchtbar wie die Göttin der Liebe Venus. Daraus resultiert die Vorstellung Männer und Frauen verfolgen zwei völlig unterschiedliche Strategien zur Fortpflanzung und jeder ihrer Merkmale – seien sie nun körperlich oder intellektuell – dienen dieser Fortpflanzungsstrategie: Männer und Frauen seien biologisch komplett unterschiedlich und die Unterschiede in ihrem Verhalten seien zum überwiegenden Teil biologisch begründbar und festgeschrieben. Daraus ist auch abzuleiten, dass ihr Sexualverhalten völlig andere Ziele und Vorstellungen habe (er möchte nur seinen Samen verteilen, sie möchte eine romantische Beziehung und Kinder). Die soziale Rolle, also die Gesellschaft, spiele keine entscheidende Rolle; alles, oder zumindest fast alles, sei biologisch begründbar.
Normalerweise unterscheidet man in der Wissenschaft zwischen den angeborenen Geschlecht und den sogenannten Geschlechterrollen. Das angeborene, biologische Geschlecht (englisch: sex) gibt an, ob man als Mann oder Frau geboren ist. Die Geschlechterrollen (soziales Geschlecht, englisch: gender) geben darüber Auskunft, welche Rolle die Geschlechter in der Gesellschaft spielen. Salopp formuliert: Können Frauen rückwärts einparken? Sind Männer weniger emotional als Frauen? Ist Haushalt und Kindererziehung hauptsächlich Frauensache? Warum gibt es in den MINT-Fächern weniger Frauen als Männer? Dem ein oder anderen mögen solche Fragen banal klingen, doch kurz gesagt geht es darum zu ergründen, welche Rolle Geschlechter in einer Gesellschaft spielen, was also “typisch Mann” und “typisch Frau” ist. Solche Klischees sind jedem bekannt und ließen leider auch so manchen Mumpitz in die Hirne der Menschen hineinfließen und ermöglichten es sogar talentlosen Idiotien wie Mario Barth (kennste, wa?) berühmte Comedy-Ikonen zu werden.
Diesem biologistischen Weltbild entgegengesetzt sind die verschiedenen Theorien der “Gender-Wissenschaften”, die behaupten, dass das Biologische keine Relevanz habe und nur das soziale Geschlecht entscheidend sei (das sog. Soziale Geschlecht “Gender” als Trennung zum biologischen Geschlecht welches im englischen als “Sex” bezeichnet wird). Eine extreme Form ist hier die sogenannte “queer-Theorie”. Sie konzentriert sich auf sexuelle Identitäten, die im Wesentlichen gesellschaftlich determiniert sind und leugnen die Zweigeschlechtlichkeit der Menschen. Eine Unterteilung des Menschen in Mann und Frau entspreche nicht den Realitäten, sondern Geschlechter werden sozial konstruiert. Tatsächlich gäbe es deutlich mehr Geschlechter und Aufgabe sei es, die Geschlechter zu dekonstruieren. Bei der queer-Theorie geht es dabei nicht primär um sexuelle Orientierung (homo-hetero- oder bisexuell), sondern um geschlechtliche Identitäten. Beispielsweise hat die Homepage gender-wiki keinen Eintrag zu Homo- Bi- oder Heterosexualität. Maßgebende Wortführer der queer-Theorie entstammen der sogenannten post-strukturalistischen Richtung (auch Postmoderne oder Irrationalismus genannt). Hier seien Michael Foucalt und Judith Butler erwähnt.
Beiden Richtungen ist gemeinsam, dass sie einen Moment verabsolutieren. Während die einen das Biologische für allgegenwärtig und das Soziale für allerhöchstens einen Nebenaspekt halten (Kritiken an dieser biologistisch-evolutionspsychologischen, die Kultur negierenden, Aspekte der menschlichen Evolution finden sich u. a. in: LEVITIN 2009, BLUMBERG 2005, 2009, ROSE & ROSE 2001, ROSE 2000, FUENTES 2012, RYAN & JETHA 2016, LEVINS & LEWONTIN 1985, LEWONTIN 1992, 2002, LEWONTIN, ROSE & KAMIN 1988, JAMES 2016, FRY 2013, SUSSMANN & CLONINGER 2001, GOULD 1981, MOORE 2001, 2015, KRIMSKY & GRUBER2013), behaupten die anderen, dass das Biologische irrelevant sei und nur das Soziale zähle. Wir werden das “Natur versus Kultur-Problem” (nature versus nurture) sicherlich in mehreren Beiträgen behandeln. Beide Herangehensweisen sind in ihrer Art und Weise einseitig und damit unwissenschaftlich. Im deutschsprachigen Raum ist diese biologisierende Sichtweise durch Ulrich Kutscheras 2018 erschienenes Buch “Das Gender-Paradoxon: Mann und Frau als evolvierte Menschentypen” (KUTSCHERA 2018) populärer geworden, das im Verlauf dieser Reihe mehrmals (kritische, wie positive) Erwähnung finden wird.
In einer Reihe von Beiträgen möchte ich daher darlegen, was an diesen Theorien faul ist und was sich wirklich hinter dem Unterschied zwischen Mann und Frau verbirgt. Weil dieses Thema komplexer und vielschichtiger ist als gedacht, habe ich es für ratsam empfunden hierzu mehrere Teile zu verfassen, was das Lesen hoffentlich erleichtert.
Wir werden uns mit den unterschiedlichen Inhalten befassen: philosophische und wissenschaftstheoretische Fragen, die biologischen Unterschiede der Geschlechter. In diesem Teil wird die queer-Theorie einer scharfen und ablehnenden Kritik unterzogen. Sie ist gelinde gesagt irrationaler und unwissenschaftlicher Unfug.
Der Irrationalismus der queer-Theorie
Unabhängig davon, was “typisch Mann” und was “typisch Frau” ist, geht man von der Echtheit der Geschlechter aus, die queer-Theorie widerspricht diesem. Eine der bedeutendsten theoretischen Köpfe dieser irrationalen Richtung ist Judith Butler (hier beziehe ich mich im Wesentlichen auf die Ausführungen von BUBLITZ 2002; Butler im Original zu lesen mag vielleicht für den Kritiker berechtigter sein. Doch es geht hier nicht um eine Butler-Analyse, sondern um eine kurze Darstellung ihrer Positionen. Außerdem fehlt mir die Zeit mich enrsthaft mit solch einem unwissenschaftlichen Mumpitz zu befassen. Außerdem ist davon auszugehen, dass BUBLITZ 2002 Butler nicht verfälscht). Butler verwischt den Unterschied zwischen “sex” und “gender”, indem sie die biologischen Geschlechter komplett ablehnt. Geschlechter werden nur sozial konstruiert, biologische Geschlechter gibt es nach ihr offensichtlich nicht. Körper sind für sie hier Gegenstände, die allein mittels Verstand und Vernunft vorgestellt werden können, also Konzepte und Konstrukte, die in der Gesellschaft akzeptiert und dadurch sichtbar und wahrnehmbar werden, wie etwa das heteronormative Modell der binären Geschlechtlichkeit. In verschiedenen Werken, wie “Das Unbehagen der Geschlechter” (1990), “Körper von Gewicht” (1993) und “Hass spricht” (1997) arbeitet sie dieser These entsprechend heraus, dass die Geschlechterkategorien “männlich” und “weiblich” als Produkt einer Wiederholung von Sprechakten verstanden werden und nicht als natürliche oder unausweichliche Materialisierungen zu sehen sind. In “Körper von Gewicht” stellt sie jedoch klar, dass sie die Materialität der Körper nicht ablehne, dieser sowie seine Erkennbarkeit jedoch nur durch Konstruktionen erfolgen könne. Um Butlers Argumentation zuspitzend darzustellen: Du bist nicht als Mann oder Frau (oder Zwitter) geboren, sondern durch die Tatsache, dass die Hebamme/Artz/Eltern dich bei deiner Geburt als Mann/Frau/Zwitter definieren, wirst du zum entsprechenden Geschlecht konstruiert.
Diese Sichtweisen wirken für den naturwissenschaftlich interessierten wie die Behauptung einer verrückten Außenseiterin. Doch ihre Sichtweise fußt auf eine philosophische Richtung die sich – je nachdem wie man es einengt – als radikaler Konstruktivismus, Poststrukturalismus oder Postmoderne zusammenfassen lassen. Ich bevorzuge jedoch den treffenderen Namen Irrationalismus. Diese Sichtweise behauptet, dass es außerhalb des Bewusstseins keinen Zugang zur Wirklichkeit gäbe. Es ist das Bewusstsein, dass die Welt erschafft. Zwar gibt es eine Welt “da draußen”, also unabhängig von unserem Bewusstsein, doch diese ist nicht erkennbar. Dieser Irrationalismus ist in der bürgerlichen Ideologie leider keine Seltenheit. Er drückt sich nicht nur in der Religion, Esoterik oder Astrologie aus (also dem Glauben an ein “höheres Wesen”, welches die für Menschen nicht erkennbare Welt steuert), sondern findet seinen Einzug auch in der Wissenschaft:
“Der Irrationalismus ist keine neue Erscheinung in der Geistesgeschichte der Menschheit. Stets war er ideologische Waffe der reaktionären Kräfte der Gesellschaft. Heute ist er die reaktionäre Antwort der Macht- und Meinungselite auf die Verschärfung der ökonomischen und gesamtgesellschaftlichen Krise des Imperialismus. Mit ihm soll die bereits stark verstümmelte, aber noch vorhandene bürgerlich-demokratische Rechtsordnung in der BRD unterlaufen und (…) die ‘natürliche Lebensordnung’ eingeführt werden. (…) Er verbreitet sich als weltanschauliche Methode, die durch die Konzipierung irrationalistischer (…) Methoden charakterisiert ist. (…) Charakteristisch ist ihre Unkontrollierbarkeit, der Anspruch, eine jenseits von Wissenschaft liegende, die gewöhnliche Empirie und den Verstand ‘übersteigende ‘höhere Erkenntnis’ zu vermitteln. Der Irrationalismus tritt in religiöser wie auch irreligiöser Form auf, stellt der Vernunft den Willen, dem Verstand den Instinkt und dem Bewusstsein das Unbewusste entgegen.” FROMM & WRONA (1978: S. 190-191)
Zwar werden einige Messungen, Zahlen und Daten zu Rate gezogen, diese aber wissenschaftlich verstümmelt. Denn die Kernthese ist ja, dass eine wissenschaftliche Anschauung nicht möglich ist, da man keine bzw. sehr begrenzte objektiven theoretischen Aussagen, Theorien und Konzepte zugestehen kann. Ob man diese oder jene Erklärungen für die Daten und Fakten zu Rate zieht, sei entweder privat oder subjektiv. Eine wissenschaftliche Erklärung der Phänomene wird also explizit ausgeschlossen. Wir haben also eine Methodik, die auf begründbare und nachprüfbare Argumentation verzichtet und nicht nach Ursachen und Zusammenhängen fragt. Tatsächlich wird schon solch eine Methodik als “totalitär” eingestuft, da sie einen Wahrheitsanspruch geltend mache. Wir haben es also hier mit einer anti-aufklärerischen Ideologie zu tun, in der Wissenschaft, als “Erzählung”, “Mythos”, oder “gesellschaftliche Konstruktion unter vielen” betrachtet (zur weiteren Auseinandersetzung mit dem Irrationalismus: KOPP & SEPPMANN 2002, Hrsg. sowie SOKAL & BRICMONT 1998). Sie glauben, dass es keine Tatsachen an sich gibt, sondern von Gesellschaften konstruiert werden.
Diese Sichtweise hat auch folgende Konsequenzen: Theoretisch gesehen sind alle Erklärungen zu gewissen Sachlagen berechtigt. Kreationismus und Evolutionstheorie, kopernikanisches und ptolemäisches Weltbild, Vorhandensein von Geschlechtern und deren Leugnung. Alles hat seine Berechtigung. Welche Theorie nun die “richtige” sei (sofern es in dieser Sichtweise etwas “Richtiges” gibt), wird aus pragmatischen Gründen gewählt. Es ist also das richtig, was einem, bzw. der Mehrheit, nützlich ist. Kaum zu glauben? Nun ist das der Standpunkt der Irrationalisten. Ein berühmter Irrationalist, der Franzose Bruno Latour kommentiert zum Tode Ramses II, dessen Mumie von französischen Wissenschaftlern untersucht wurde und an Tuberkulose starb, dass dieser gar nicht daran hätte sterben können, weil der Bazillus von Robert Koch 1882 entdeckt wurde. Vorher hätte der Bazillus keine Existenz gehabt. (zitiert in BOGHOSSIAN 2015: S. 33)
Ein anderer Irrationalist, Richard Rorty, sagte z. B., dass die Dinosaurier mit der Erschaffung des Wortes Dinosaurier entstanden sind. Zwar habe es Dinosaurier unabhängig von uns Menschen gegeben, wie andere Dinge im Universum. Aber die Frage sei, ob sie in “repräsentationaler Hinsicht” von uns unabhängig seien, also “intrinsische (= innere) Merkmale” besitzen, die es erlauben, Dinosaurier unabhängig zu betrachten. (vgl. und Kritik siehe BOGHOSSIAN 2015: S. 48 f.). Da wir also irgendwelche Gebilde (namentlich irgendwelche Fossilien) sprachlich als “Dinosaurier” bezeichnen, werden sie erst zu Dinosauriern.
Laut Rorty sind auch Galileos Belege für das kopernikanische Weltbild genauso legitim wie die Sichtweisen der katholischen Kirche, die zu der Zeit Galileo mit der Bibel widerlegen wollte. Denn es gäbe laut Rorty keine Tatsachen darüber, welche Systeme “korrekt” seien, es gäbe keine objektiven Maßstäbe um zu überprüfen, ob Galileos System die bessere, richtigere Erklärung der Welt sei. Wenn die wörtliche Auslegung der Bibel als unwissenschaftlich definiert wird, sei dies für Rorty nur kultivierte Form der Beschimpfung (vgl. BOGHOSSIAN 2015: S. 67 ff.).
Man könnte noch eine unerschöpfliche Anzahl solcher absurden Aussagen finden (andere Irrationalisten behaupten z. B. auch, dass unser Gehirn die Welt erschafft und nicht ein Abbild der Umwelt ist, das Gehirn also die “Welt da draußen konstruiert”. Hierzu gehören u. a. die chilenisch-US-amerikanischen Philosophen Humberto R. Maturama und Francisco J. Varela oder der Neurobiologe Gerhard Roth. Ihre neurobiologischen Begründungen des radikalen Konstruktivismus sollen uns an dieser Stelle nicht interessieren und werden ggf. in einer anderen Artikelreihe genauer unter die Lupe genommen.
Die berechtigte Frage, die sich aber daraus ableitet ist die: Woher wissen wir eigentlich von der Welt außerhalb unseres Bewusstseins? Wie können wir die Welt erkennen, sie objektiv widerspiegeln? Die Beantwortung dieser Fragen ist wichtig, um einen Trennstrich von den oben dargestellten irrationalistischen Positionen zu ziehen.
Mit unseren Sinnesorganen nehmen wir unsere Umwelt wahr, die in unseren Gehirnen widergespiegelt wird. Kurz und einfach gesagt: Ohne Sinnesorgane und Nervensystem sind wir gar nicht in der Lage zu erkennen. Hier ist ja auch der Grundfehler der Irrationalisten:Ihre Behauptung, die Welt sei nicht erkennbar und von uns konstruiert fasst ja auf “realistischen”, “naturalistischen, und “materialistischen” Grundauffassungen, denn sie müssen ja die Materialität (also die “Echtheit” bzw. “Tatsache”) eines Gehirn, das Bewusstsein erzeugt zugeben, um zu behaupten, dass ein Gehirn (bzw. wir) die Welt konstruiere. Denn wenn wir behaupten, dass die Welt konstruiert ist, müssen wir davon ausgehen, dass es einen Konstrukteur gibt (unser Bewusstsein? Unser Gehirn?). Woher können wir aber annehmen, dass der Konstrukteur nicht selbst eine Konstruktion ist? Wie können wir behaupten, die Welt sei konstruiert und damit nicht erkennbar, wenn wir nicht vorher annehmen müssen, dass es etwas nicht Konstruiertes gibt? Woher können wir überhaupt wissen, dass es eine nicht erkennbare Welt gibt, wenn wir alles konstruieren?
Natürlich könnte man einwenden, dass unsere Sinnesorgane nicht alles wahrnehmen können oder uns täuschen. Sicherlich ist bekannt, dass wir UV-Licht nicht wahrnehmen können und jeder kennt optische Täuschungen. Nun sei zum einen vergewissert, dass wenn wir von optischen Täuschungen sprechen, wir also diese als solche ERKENNEN, sie also nicht konstruiert sein können, sonst könnten wir sie gar nicht als optische Täuschung wahrnehmen (selbst der Begriff der Täuschung wäre aus irrationalistischer Sicht falsch gewählt, denn diese Täuschung wäre ja laut Irrationalisten sozial konstruiert und damit anderen Darstellungen gleichwertig, womit der Begriff der Täuschung seine Bedeutung verliert, da es ja was falsches suggestiert).
Zum anderen nehmen wir ja unsere Welt nicht mit nur einem Sinnesorgan wahr, sondern wir haben verschiedene die sich ergänzen und unser Abbild vervollständigen.
Hinzu kommt, dass wir durch unsere Tätigkeit, durch unsere wissenschaftliche Praxis von Dingen erfahren, die jenseits unserer Sinne liegen: UV-Licht, Radioaktivität, aber auch abstraktere Themen wie wissenschaftliche Theorien und Zusammenhänge. Messinstrumente und unserer logisches Denken sind eine Erweiterung unserer Sinne, mit der wir die realen Dinge beschreiben (und nicht konstruieren!).
Mit unserer Sprache sind wir in der Lage diese realen Dinge zu beschreiben (und nicht zu konstruieren!). Das heißt natürlich nicht, dass wir mit der Sprache die Dinge immer richtig erfassen. Wir können einiges falsch deuten, wir können aber auch bewusst vernebeln und mystifizieren (etwas, was ja die Irrationalisten tun). Aber unsere wissenschaftliche Praxis ermöglicht es uns, die realen Dinge immer näher und richtiger zu beschreiben, Altes zu verwerfen etc. dabei ist dieser Erkenntnisprozess niemals abgeschlossen, sondern ist unerschöpflich (zur intensiveren Ausarbeitung dieser philosophischen Positionen empfehle ich das Lehrbuch über den historischen und dialektischen Materialismus oder Werke von Marx, Engels und Lenin zum diesbzeüglichen Thema).
Die ganze Sache des Irrationalismus und seinen Abarten besteht in der Absicht die Existenz der überprüfbaren objektiven Realität zu bekämpfen. Und darum geht es beim Kampf gegen die Realität als solche. Die Anhänger dieses Irrationalismus betrachten die Realität als unerfreulich und unbefriedigend. Aber stattdessen darüber zu diskutieren, wie wir diese verbessern können, weichen sie auf den Punkt zurück die objektive Realität vollkommen zu verwerfen und behaupten, dass alles, insbesondere die Praxis die Realität zu entdecken und zu überprüfen – die Wissenschaft – ein zufälliges soziales Konstrukt sei und dass eine gewisse Wahrheit als solche nicht existiere. Eventuell enden sie in einer Art des absurden Skeptizismus und Solipsismus und erzählen einen zufälligen Unsinn über zufälliges Zeug. Aber nichts davon erweist sich als wissenschaftlich logisch.
Dieser längere Exkurs in die Philosophie des Irrationalismus weicht möglicherweise vom eigentlichen Thema ab (und über solche Hirngespinste tatsächlich nachdenken zu müssen grenzt an Ironie). Aber durch die Tatsache, dass ein Zweig der Gender-Studies diese irrationalistische Tradition hat, ließ mich nicht davon abhalten, hierüber zu schreiben.
Die berechtigte Frage bleibt aber: Nur weil ein Zweig der Gender-Studies, die queer-Theorie (über deren Dominanz in diesem Zweig ich nicht urteilen mag), solchen Mumpitz erzählt, sind damit alle Wissenschaften, die sich mit Gender-Fragen befassen abzulehnen?
Das Zentrum für gender-Studies in Marburg hat folgende Selbstdarstellung:
“In den Gender Studies […] wird Geschlecht als ein Mechanismus begriffen, über den soziale Positionen, Arbeit, Macht, Ressourcen und Anerkennung different und hierarchisch zugewiesen werden. Die Analyse dieser Mechanismen und der Konstruktionsprinzipien von Geschlecht und hierarchischen Geschlechterverhältnissen in Theorie und Praxis bilden den Gegenstand von Gender Studies und feministischer Wissenschaft. Gender Studies beschäftigt sich mit der gedanklichen Durchdringung und theoretischen Analyse der Geschlechterverhältnisse in der Geschichte und Gegenwart sowie mit der Frage nach ihren wesentlichen Formen und Begründungen; sie vermitteln Kenntnisse zur Geschichte und Theorie von Geschlecht und Geschlechterverhältnissen.” Quelle
Studien zu Geschlechterunterschieden in einer Gesellschaft sind ersteinmal nichts verwerfliches und haben ggf. ihre Berechtigung. Gesagt sei hier jedoch: Alle Formen sprachlicher Konstruktionen, alle möglichen Gleichstellungsbeauftragten, alle Formen des Genderns der Sprache werden eine wirkliche Gleichberechtigung der Geschlechter nicht ermöglichen, sofern nicht das wichtigste angegangen wird: die Veränderungen der ökonomischen Produktionsweise, die Aufhebung bestehender Klassenunterschiede durch das Privateigentum an Produktionsmittel. Ökonomische Ausbeutungsmechanismen des Kapitalismus – die soziale Grundlage für jegliche Ungleichheit – werden nicht durch schöne Wörter aufgehoben.
Unser zweiter Teil wird sich mit der Frage befassen, warum es sinnvoll ist, dass es zwei Geschlechter gibt.
Literatur:
BLUMBERG, M. 2005: Basic Instinct – The genesis of behavoior. Thunder’s Mouth Press
BLUMBERG, M. 2009: Freaks of Nature – What Anamolies tell us about Development and Evolution. Oxford University Press
BOGHOSSIAN (2015): Angst vor der Wahrheit. Ein Plädoyer gegen Relativismus und Konstruktivismus. Suhrkamp Taschenbuch Wissenschaft
BUBLITZ, H. (2002): Juduth Butler zur Einführung. Junius Verlag
FROMM, E. & WRONA, V. (1978): Irrationalismus – Element der geistigen Krise des Imperialismus, in Einheit 2-78
FRY, D. P., Hrsg. 2013: War, Peace and Human Nature The Convergence of Evolutionary and Cultural Views, Oxford: Oxford University Press
FUENTES, A. 2012: Race, Monogamy and other Lies they told you. Buting Myth about Human Nature. University of California Press
GOULD, S. J. 1981: Der falsch vermessene Mensch. Suhrkamp Taschenbuch Wissenschaft
JAMES, O. 2016: Not in Your Genes – The real Reason Children are Like their Parents. Vermillon
KOPP, H. & SEPPMANN, W. (2002, Hrsg.): Gescheiterte Moderne. Neue Impulse Verlag
KRIMSKY & GRUBER (2013): Genetic Explanaitions – Sense and Nonsense. Harvard University Press
KUTSCHERA, U. (2018): Das Gender-Paradoxon – Mann und Frau als evolvierte Menschentypen. LIT-Verlag
LEWONTIN, R. 1992: Biology as Ideology – The Doctrine of DNA. Harper Perennial
LEWONTIN, R. 2002: Die Dreifach-Helix. Gen, Organismus und Umwelt. Springer
LEWONTIN, R., ROSE, S. & KAMIN, L. J. 1988: Die Gene sind es nicht… Biologie, Ideologie und menschliche Natur. BeltzPVU
LEVINS, R. & LEWONTIN, R. 1985: The Dialectical Biologist. Harvard University Press
LEVITIN, K. 2009: One is not born a personality – A biographical history of Soviet Psychology. Erythros Press and Media
MOORE, D. S. (2001): The Dependent Gene – The Fallacy of “Nature vs. Nurture”. OWL Books
MOORE, D. S. (2015): The Devoloping Genome – An Introduction to Bevahvioral Epigenetics. Oxford University Press
ROSE, S. 2000: Darwins gefährliche Erben – Biologie jenseits egoistischer Gene. C. H. Beck
ROSE, H. & ROSE, S. 2001: Alas Poor Darwin – Arguments against Evolutionary Psychology. Vintage Verlag
RYAN, C. & JETHA, C. 2016: Sex Die wahre Geschichte. Klett-Cotta Verlag
SOKAL, A. & BRICMONT, J. (1998): Eleganter Unsinn, wie die Denker der Postmoderne die Wissenschaft missbrauchen. C.H. Beck Verlag
SUSSMANN, R. & CLONINGER, R., Hrsg. 2011: Origins of Altruism and Cooperation, New York: Springer
https://www.uni-marburg.de/de/genderzukunft/studium/studienprogramm